Donnerstag, 13. Dezember 2012

Entführt von Mr. Chow

2 todeslangweilige Tage verbrachte ich im Delta bevor ich einen Platz im Minibus zurück nach Saigon buchte.

In der lebhaften vietnamesischen Hauptstadt, die sich durch ein unfassbares Aufkommen an Motorbikes und freundlichen Locals auszeichnet, wollte ich mir mit einem Neuseeländer den ich gerade erst kennengelernt hatte am Abend ein, zwei lokale Bierspezialitäten verköstigen.

Die Wahl fiel schnell auf ein Strassenlokal mit Fassbier.
7000 Dong für frisch gezapftes Bia Hoi. Das sind umgerechnet 0,26 €cent für 0,33 Liter.

Fair.

Nach dem Genuss der ersten Biere kamen wir ins Gespräch mit den neben uns sitzenden Asiaten im Alter zwischen 35-45 Jahre.
Ein Vietnamese und zwei Koreaner.
Nachdem in typisch-asiatischerweise vor jedem Schluck Bier ein neuer Trinkspruch aufgesagt wird und man sich darauf verständigt hat, dass wir ab sofort nur noch russisch reden, da mir mal wieder unterstellt wurde das ich ja gar kein Deutscher bin wurde die Geschichte amüsant.

Einer der Koreaner erinnerte mich fortan an Mr. Chow. Durchgeknallter Asiate aus dem Film Hangover.
Super Typ.

Mr. Chow fing an vom Weltuntergang am 21. Dezember zu reden. Wir hatten also ohnehin nur noch wenige Tage zu leben.
Er machte uns ein Angebot.

"Komm mit, meine Freunde, ich lade euch ein und ihr werdet einen genialen Abend haben. Am Ende werde ich euch umbringen"

Er sagte das mit einem dieser komischen Lächeln, so dass ich im Gegensatz zu meinem Kiwi-Freund etwas nervös wurde.
Keine 5 Minuten später stand ein Privatauto inkl. Fahrer vor unserem Tisch.
Gut, am 21. Dezember ist eh alles vorbei, also ab dafür.

Ich mit den 3 Asiaten auf der Rückbank und mein Kumpel vorne.

Wir fuhren gute 10 Minuten stadtauswärts und ich machte Witze über den Film Hostel und unser bevorstehendes Ende.
Mr. Chow hielt Wort. Wir hielten an einem "Beer Garden" und wurden einem Tisch zugeteilt.

Live Musik, vernünftiges Bier und attraktive Bedienungen.

So wie's sein muss.

Der Deckel geht komplett auf Mr. Chow und so wurde fleißig geordert und die Preise für das gute belgische Bier von 110.000 Dong (4 Euro) machten niemandem etwas aus.

Serviert wurden außerdem 2 Lachse, Salat und Pommes.

Der Alkohol machte sich langsam bei jedem bemerkbar und Mr. Chow orderte bei der Bedienung " 2 große Messer um diese Bastarde da umzubringen". Das halbe Lokal richtete die Blicke nun auf unseren Tisch.
Er nahm die Messer, stand auf und....ich wusste echt nicht was dieser Mensch mit uns den ganzen Abend vor hatte...und wirft die Messer in unsere Biergläser.

Die Asiaten lachen.

Na sdorov'e!


Die anhalteden Ankündigungen über unserer baldiges Ableben wurden mehr und sie hatten riesigen Spaß daran die Fragezeichen in unseren Gesichtern zu sehen.
Der Abend nahm seinen Lauf und wir übernahmen das Mikrofon.
Der Biergarten hatte sichtlich Spaß.

Zu gegebener Stunde verabschiedete sich der Vietnamese und machte uns klar das wir wenigstens einen letzten schönen Abend hatten.

Der Fahrer brachte uns 4 nun zurück zum Strassenlokal mit dem billigen Bier.


Ab diesem Zeitpunkt zollte der Abend seinen Tribut, deshalb entschuldigt irrationale Entscheidungen. Ich möchte euch dennoch teilhaben lassen.
Mr. Chow kaufte gefühlt die ganze Straße leer. Unser Tisch war voll mit widerlichen asiatischen Snacks und wir um Sonnenbrillen und Armbänder reicher.
Tischnachbarn fragten verdutzt und durchaus ernstgemeint welche Drogen wir genommen hätten....

"Dieser Mann wird uns später umbringen, wir haben nichts zu verlieren"

Die Gesichter der anderen Menschen...köstlich.

Mr. Chow machte nun ernst und wollte mit meiner Mutter im fernen Deutschland reden.
Er gab mir sein Smartphone und ich wählte die Nummer .
Wohlwissend meine Mutter ist dem Englisch nicht unbedingt 100% mächtig.

Ich habe keine Erinnerung mehr was ihr alles erzählt wurde und wie viele Menschen mit meiner Mutter geredet haben, ich weiß nur halb Saigon hatte an diesem Abend Spaß.

Als ich als letzter das Telefon in der Hand hatte hörte ich nur.
"Wo bist du?"
"In Saigon, Mama. Alles gut!"

Ich habe überlebt.
Ich hatte Spaß.
Alle hatten Spaß.
Die Reisemüdigkeit ist vergessen und meine Reise um eine Geschichte reicher.

Weiter geht es heute Abend.
Nächster Halt - Sri Lanka.

Alles gut! 

1 Kommentar:

  1. Eine klasse Story! Klingt nach einem genialen Abend :) Und das ist eben auch das schöne am Reisen

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