Montag, 29. Oktober 2012

Ein Geburtstag den nicht jeder überlebte

Tiger leaping gorge.
Die tiefste Schlucht der Erde.

Vom tiefsten zum höchsten Punkt misst man 3900 Meter.

Damit der ideale Ort um vor den chinesischen Touristen zu fliehen und einen entspannten Geburtstag in den Bergen zu verbringen.

Da ich getreu dem Motto handel „Alles kann, nichts muss...“ habe ich die Strapatzen mit meinem gesamten Gepäck auf mich genommen. Ich bin einfach gestartet, da ich mehr als die üblichen 2 Tage in denen der große Teil der Schlucht durchwandert werden kann bleiben wollte und falls möglich bis ins nächste und erste tibetische Dorf wandern.

Alleine und frohen Mutes aufgebrochen ging es los mit strahlendem Sonnenschein die ersten Höhenmeter zu bewältigen. Doch nach kurzer Zeit realisierte ich auf was ich mich hier eingelassen hatte.
Die ungewohnte Höhe, ungewohnte Belastung und ungewohntes frühe Aufstehen zeigten mir schnell meine Grenzen auf.
Ohne Gepäck wäre ich wohl auch so schnell unterwegs gewesen wie die zahlreichen anderen Wanderer doch so musste ich schwitzend zusehen wie im Minutentakt die Leute nur so an mir vorbei rannten.
Allerdings hat das ganze auch seine Vorteile. Durch die langsame Fortbewegung hatte ich mehr Zeit die wundervolle Umgebung zu genießen und den ein oder anderen Tee mit den Einheimischen zu trinken.

Etwas besonderes ergibt sich auch aus der Zusammenstellung der kleinen Verkaufsstände am Rande des Weges. Neben Früchten, Cola, Wasser und Schnickers war stets eine nette Menge an Marihuana im Angebot der netten alten Damen.


Ich hatte mir am ersten Tag vorgenommen nur bis zum ersten Guesthouse „Mama Naxi“ zu wandern. Schien es auf der Karte doch als könnte ich fast dorthin sprinten.
Als ich mich nach 2 Stunden im plötzlich einsetzenden Regen wiederfand war von meinem frohen Mut nichts mehr übrig. Ich suchte vergeblich Zuflucht unter den Bäumen und war bis auf die Unterhose durchnässt. Mein Netbook habe ich aber erfolgreich mit meinem Leben verteitigt. Man muss ja manchmal Prioritäten setzen.
Irgendwann kam ich dann in einem kleinen Bergdorf an und verschwand noch am helllichten Tag todeserschöpft im Bett.

Den nächsten Morgen wartete ich ab bis der Regen aufhörte und machte mich dann auf um einen der anstrengendsten Teile der Schlucht zu besteigen. In „28 Kurven“ geht es stets bergauf bis zum höchsten Punkt der Wanderung. Die 28 Kurven kamen mir dann aber eher wie 280 Kurven vor, vielleicht haben es die Chinesen beim Zählen wieder mal nicht so genau genommen.
Nach einigen Metern entdecke ich eine einheimische Frau mittleren Alters ungefähr 20 Meter entfernt auf einem Feld arbeiten. Nett wie ich bin grüße ich sie auf chinesisch.

Zack! Sie greift sich in Windeseile einen faustgroßen Stein, deutet an ihn nach mir werfen und schreit irgendwas auf chinesisch.

What the fuck!?

Ich hebe die Hände um ihr zu signalisieren das ich ihr nichts böses will und suche schnell das weite. Okay, sie hat eine kleine Sichel mit der sie auf dem Feld arbeitet. Ich habe nur gehofft das sie mir nicht folgt. Manchmal hat das Alleinsein auch seine Nachteile....
Wie ich später vom nächsten Guesthouse erfahre ist sie geistig behindert und wurde als Kind mehrfach misshandelt wieso sie verständlicherweise Angst vor fremden Menschen hat.
Warum um Gottes willen wird sie dann aber mit einer Sichel alleine auf einem Feld gelassen!?

Die letzten Meter bis zu diesem höchsten Punkt könnt ihr weiter unten in einem Video verfolgen.

Die nächsten 2 Tage wanderte ich von Guesthouse zu Guesthouse und mein Geburtstag rückte immer näher.
Mit einem Neuseeländer bewältigte ich die letzte Tagesetappe zum Walnussgarten und genoss die sehr gastfreundliche Familie hoch in den Bergen. 99 Prozent der Wanderer erreichen diesen Punkt nicht, da sie vorher einen Bus zurück in die Stadt nehmen. Wenn man die Zeit hat empfehle ich aber zu 100% die komplette Schlucht zu durchwandern.

Wie es das Schicksal so will erreicht eine Chinesin und ein Deutscher mit denen ich beiden voll auf einer Wellenlänge bin ebenfalls am gleichen Tag das Guesthouse. Als einzige Gäste für die nächsten 2 Tage können wir ganz ungeniert lautstark meinen Geburtstag feiern.
Die Besitzer des Guesthouse liessen es sich dann auch nicht nehmen eine Ziege zu schlachten und diese abends kostenfrei zum Verzehr zu Verfügung zu stellen. Welch Gaumenfreude!
...
1, 2, 3 Esel zähle ich...
Mit schwerem Kopf und eine Stunde zu spät machten wir uns tags darauf gemeinsam auf die 8 Stunden Wanderung inkl. Führer und Esel (fürs Gepäck) zum tibetischen Dorf zu bewältigen.
Teilweise ging es auf allen Vieren voran. Ohne Führer auf man auf diesem Pfad verloren. Keine Chance den Weg allein zu finden.

Nach insgesamt einer Woche wandern hatten nicht nur meine Füße genug. Auch meine Augen hatten für den Moment genug von Bergen, Schluchten und tollen Aussichten.

Doch jetzt war ich erst so richtig auf den Geschmack gekommen...!


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